Login
Logo Regionaljournal
Foto © KS: VATER. Papas Sturz in die finsterste Nacht

VATER. Papas Sturz in die finsterste Nacht

Erwin Steinhauer brilliert in Florian Zeller Stück "Vater" als demenzkranker Patriarch in den Wiener Kammerspielen.

Die Tragikomödie wurde 2014 mit dem Prix Molière ausgezeichnet und erweist sich auch in Wien, in Liedtkes Händen, als toller Text. Zeller beschreibt die Erkrankung aus der Sicht des Betroffenen. Der Zuschauer nimmt wahr, was der "Vater" wahrnimmt, erkennt, wen er erkennt, muss glauben, was er glaubt. Das sorgt nicht nur für situationskomische Momente, sondern entwickelt sich wie ein Psychothriller, wie ein hitchcockiges Suspencespiel, in dem ein sinistrer Geheimdienst den Helden um den Verstand bringen will.
"Vater" ist der Abend des Erwin Steinhauer. Er ist als André von berührender Intensität, ist genau die Art liebenswertes Scheusal, die einem ein verständnisvolles Lächeln entlockt. Wenn Steinhauer den Schalk macht, kann man gut mit ihm schmunzeln, wenn er weint, verzweifelt ist, Angst hat, dann ist es kaum zu ertragen; sein Spiel wechselt von reizend zu reizbar und retour. Eine preisverdächtige Darbietung.
Regisseurin Liedtke hat diesen geistigen Verfall behutsam in Szene gesetzt. Ganz zart und sachte nähert sie sich Zellers Figuren und führt die Schauspieler durch deren Geschichte. Ihre Arbeit legt sich wie ein Seidenschal über das menschliche Drama. Gerti Drassl ist von großer Wahrhaftigkeit. Ihr Schmerz und ihre grüblerische Sorge scheinen, nein: sind echt. Nervös sprudeln die Worte aus ihr hervor, als Laure kommt. Deren Vorgängerin wurde nämlich mit der Vorhangstange verjagt. Doch Eva Mayer geht mit einer Gemütsruhe an die Sache heran, als hätte sie das Lied von Bernadette inhaliert. Therese Lohner ist außer Anne auch Laura und am Ende eine Krankenschwester, sozusagen berufsbedingt freundliche, aber bestimmt. Ihr Wechselspiel, diese mehreren Facetten eines Menschen, schildern die Schauspielerinnen mit großer Prägnanz.
Es ist mutig und wichtig, dass sich die Kammerspiele der Sache auf diese verständnisvolle Weise angenommen haben. In einer großartigen Inszenierung mit einem überragenden Erwin Steinhauer. INFO: Theater an der Josefstadt

7108x
gesehen

0x
geteilt